Deutschland gilt vor allem wegen des vergleichsweise großen Anteils deutscher Banken am globalen Finanzmarkt und an den grenzüberschreitenden Transaktionen als Steueroase. Das Vermögen von Ausländern in Deutschland betrug vor Beginn des automatischen Informationsaustauschs geschätzte 3 Billionen Euro (Meinzer, 2015). Gleichzeitig gibt es eine Vielzahl von Gesetzes- und Datenlücken und viel zu oft zu wenig Ressourcen und politischen Willen, um effektiv gegen illegitime Gelder aus dem Ausland vorzugehen. Ein Austausch von steuerlichen Informationen mit einkommensschwachen Staaten, denen die Daten bisher noch vorenthalten werden, wäre ein lohnenswertes Ziel integrierter deutscher Entwicklungspolitik.
Besonders im deutschen Immobiliensektor sind vermutlich große Mengen anonymen Gelds gelagert. Davon stammt wahrscheinlich ein signifikanter Anteil aus kriminellen Quellen. Studien zufolge werden 15%-30% aller kriminellen Vermögenswerte in Immobilien investiert werden (Transparency International Deutschland, 2018). Die deutsche Financial Intelligence Unit, die gemeldete Verdachtsfälle bearbeitet, spricht von einem „herausgehobenen Risiko für Geldwäscheaktivitäten“ des deutschen Immobiliensektors (FIU, 2019, S. 24).
Den Berichten ausländischer Ermittler und der Presse zufolge ist Deutschland beispielsweise ein beliebtes Ziel für kriminelle Gelder aus Italien und Russland. Vor allem Profite aus dem Kokain-Handel werden angeblich in Deutschland gewaschen. So hält die „italienische Anti-Mafia-Behörde DIA … in ihrem jüngsten Halbjahresbericht fest, dass Deutschland für die Mafia vor allem der Geldwäsche diene, unter anderem über Immobilien“ (Transparency International Deutschland, 2018, S. 17). In Folge der vierten Geldwäscherichtlinie der EU wurde 2017 zwar ein Transparenzregister eingeführt. Es gibt aber noch zu viele Schlupflöcher. Wirtschaftliche Eigentümer müssen beispielsweise nicht aufgeführt werden. Daher können die Eigentümer oft nicht über ausländische (Briefkasten-)Firmen hinaus ermittelt werden.
Einzelne, vor allem durch Untersuchungen in anderen Ländern oder Presseberichterstattung bekannt gewordene Fälle untermauern die Vermutung, dass Deutschland ein beliebtes Zielland für illegitimes Geld aus dem globalen Süden ist. So unterhielt der libysche Staat unter Muammar al-Gaddafi knapp 200 Konten bei 13 deutschen Banken und einer seiner Söhne führte in München ein luxuriöses Leben, der ehemalige nigerianische Präsident schleuste hunderte Millionen Bestechungsgelder von deutschen Firmen über Liechtenstein und die Schweiz zu einer Hamburger Privatbank und Verwandte des gestürzten tunesischen Präsidenten Ben Ali wohnten zeitweise in einer Villa in der Nähe von Frankfurt (Trautvetter, 2019). Teodorin Obiang, der Sohn des Diktators von Äquatorialguinea, hat Ende der 2000er-Jahre in Deutschland sogar eine Superyacht für 380 Millionen Dollar in Auftrag gegeben (Palmer & Courtney, 2011).
Die Anzahl der Meldung von verdächtigten Transaktionen durch deutsche Banken hat sich zwar seit 2008 mehr als verzehnfacht (FIU, 2019), die für die Auswertung zuständige Behörde war jedoch jahrelang unterbesetzt und kämpft mit technischen Problemen (Strozyk & Strunz, 2019). Auch beim Einfrieren und Rückführen von illegitimen Geldern war Deutschland bisher im Vergleich zu Ländern wie der Schweiz oder Großbritannien langsam und ineffektiv (Meinzer, 2015; Trautvetter, 2019).